Leseprobe

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Floristik
mit Bodenhaftung


Gärtner und Florist Rémy Jaggi hat sich im Kanton Waadt vor 15 Jahren selbstständig gemacht. Bei Null angefangen, ist sein Unternehmen inzwischen auf drei Standorte und 20 Angestellte angewachsen.

Back to the Roots. So könnte man Rémy Jaggis Werden und Wirken in wenigen Worten umschreiben. Der Waadtländer betreibt nämlich Floristik auf eine Art, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten üblich war: Mit einer Gärtnerei im Rücken. Nach Lehr- und Wanderjahren kehrte er dorthin zurück, wo er aufgewachsen war. Der Hauptsitz des Unternehmens Rémy Jaggi liegt in Trélex VD. Einer Region am Fuss des Juragebirges, die noch stark von der Landwirtschaft geprägt ist, aber in der sich auch die Nähe zum Genfersee bemerkbar macht.
Hier hat Jaggi vor 13 Jahren eine Gärtnerei übernommen – und mit viel Einsatz und einer klaren Vorstellung im Kopf zu dem gemacht, was sie heute ist: Eine Mischung aus Verkaufsflächen und Gartenoasen, die einem vergessen machen, dass man sich in einem Geschäft befindet. «Ich bin dort angekommen, wo ich hinwollte», sagt er während der Führung durch das imposante Gelände. Seine Ausführungen machen deutlich: Zwischen 2011 und 2024 liegen Welten. Im ehemaligen halbrunden Gewächshaus ist heute die Floristik untergebracht, üppig in die Höhe gestaltet – mit riesigen Übertöpfen, Pflanzen und einem Blumenangebot, das an diesem Dienstag nach dem Muttertag vergleichsweise klein ist. Im Arbeitsbereich stehen Möbel, die Jaggi vom Vorgänger übernommen hat, und die mit ihren vielen Schubladen an Zeiten erinnern, als Gärtnereien noch Sämereien waren. Es ist nicht die einzige Wiederverwertung. Auch der gedeckte Anbau für die Zierpflanzen und den Gartenzubehör ist teils aus gebrauchtem Material neu entstanden. Im Aussenbereich stehen die Pflanzen auf Metalltischen zum Verkauf. Sie sind seit Kurzem von speziell angefertigten Holzelementen gesäumt – und nur ein Beispiel für den grossen Gestaltungswillen von Rémy Jaggi. Nichts ist dem Zufall überlassen, und seine Handschrift ist deutlich sichtbar. 


Rémy Jaggi und ein Teil seines Teams in Trélex (von links): Kiara, Aurélie, Emilie, Frédérique und Hund Tina. Die Floristik ist im ehemaligen Treibhaus untergebracht.

Der 41-Jährige hat im Lauf seiner Berufslaufbahn eine Leidenschaft für hochwertige Tongefässe entwickelt. «Als ich mir das erste kaufte, erklärten mich alle für verrückt», erzählt Jaggi. Aber längst hat er genau dafür Kundschaft gefunden. Die farbig glasierten Vases d’Anduze stammen aus Südfrankreich. Aus Italien kommen die naturbelassenen oder mit Mineralien dunkelgrau gefärbten und mit Reliefs verzierten Pflanzengefässe. Sie sind exklusiv für ihn produziert und tragen deshalb seinen Namen. Die Handarbeit – gearbeitet wird mit Gipsvorlagen – hat ihren Preis. Die grossen Gefässe kosten bis zu 2000 Franken. Doch die Marge sei vergleichsweise gering, sagt Jaggi. Zudem lagern die naturbelassenen Terracottagefässe manchmal Jahre auf dem Gelände, damit sie Patina ansetzen. Erst danach seien sie im Verkauf gefragt. «Betriebswirtschaftlich würden andere Töpfe, die sich schneller umsetzen lassen, mehr Sinn machen.» Aber die Tongefässe sind inzwischen zu einem Alleinstellungsmerkmal geworden.
Das Risiko, das er mit der exklusiven Tonware einging, ist charakteristisch für Jaggi. Wenn er von etwas überzeugt ist, zieht er es durch – auch wenn von aussen Kritik kommt. «Klar, es hätte auch schiefgehen können», sagt er …

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