Leseprobe

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Das versteckte
Geschäft

Natalie Corpataux führt seit 2018 in Lugano Florart. Der Laden befindet sich im Hinterhof einer gut befahrenen Strasse. Corpataux hat daraus einen Vorteil gemacht: Den grössten Teil ihres Umsatzes macht sie mit Auftragsarbeiten.

Der Besuch in Lugano fing mit einem Schrecken an. Die Chefin von Florart war kurz ausser Haus, die Mitarbeiterinnen im Lager beschäftigt – aber da war der grosse Berner Sennenhund, der die Gelegenheit der offenen Ladentür nutzte und nach draussen entwischte. Er wollte partout nicht mehr zurück und im nächsten Augenblick war er wie vom Erdboden verschluckt.

Was für eine Erleichterung, als Minuten später ein weisses Auto vorfuhr – mit der Geschäftsinhaberin Natalie Corpataux und Hund Nuxi. Dieser ist, wie sich im Verlauf des Gesprächs herausstellte, erst eineinhalbjährig, überaus verspielt und bewegungsfreudig. «Es gibt Leute, die schauen nur wegen ihm bei uns vorbei», sagt Corpataux und lacht. Sehr frequentiert ist ihr Geschäft aber nicht. Denn es liegt im Spickel zweier befahrener Strassen – im Hinterhof. Dort hat es zwar ausreichend Parkplätze, aber wenig Passanten. Für die 44-Jährige war dies kein Nachteil, als sie vor sechs Jahren ein Lokal suchte. «Es hat sich als Glücksfall entpuppt, weil wir so in Ruhe zuarbeiten können.» Die Mehrheit ihres Umsatzes macht Corpataux mit Auftragsarbeiten.

Natalie Corpataux ist über einen Umweg Floristin geworden. Aber mit der Branche hatte sie schon von klein an Berührungspunkte. Bereits ihre Eltern führten ein Blumengeschäft. Ihre Mutter, Regina Corpataux, war ab 1993 Inhaberin von Florart, als sich das Geschäft noch am anderen Ende der Via Besso befand. In jenem Geschäft arbeiteten Mutter und Tochter während Jahren zusammen. Bevor es dazu kam, zog es Natalie Corpataux erst mal weg. «Ich wollte unbedingt Sprachen lernen», erzählt sie. Nach der Ausbildung als Gastronomiefachfrau war sie in einem Hotel in der Deutschschweiz tätig, lernte Englisch in England und liess sich dann in Yverdon und später in Lausanne nieder. Dort lernte sie den Vater ihrer Tochter und ihres Sohnes kennen, beide heute im Teenageralter. 2010 zog sie mit ihrer Familie zurück nach Lugano. Und stellte fest, dass sich ihre Arbeit in der Gastronomie mit zwei kleinen Kindern schlecht vereinbaren liess. Deshalb stieg sie bei ihrer Mutter ins Geschäft ein. Gemeinsam gleisten sie die Zusammenarbeit mit Fleurop auf. Für Natalie Corpataux lautete die Devise lange Learning by Doing.


Nicht verkaufte Blumen werden getrocknet und für Gestecke verwendet.

Berufsprüfung in Rorschach

Als sie entschied, in der Branche zu bleiben, absolvierte sie sur dossier die Berufsprüfung am Weiterbildungszentrum in Rorschach. Dort habe sie Fähigkeiten erlangt, die für die Führung von Florart enorm hilfreich seien. «Man braucht dazu ein bestimmtes Wissen, im Umgang mit dem Personal, aber auch, damit es finanziell aufgeht.» Wie beispielsweise die Empfehlung, dass im Idealfall 80 Prozent des Umsatzes mit 20 Prozent der Kundschaft erwirtschaftet wird. Dies könne sie inzwischen umsetzen, so Corpataux stolz.

Unter den Auftraggebern sind Hotels und Firmen, für die Florart wiederkehrende Dekorationen macht und an Events zum Zug kommt. Für Letztere setzt die Floristin auch mal künstliche Blumen und Pflanzen ein. «Die sehen mittlerweile wie echte aus und sind erst noch leichter zu transportieren.» Natalie Corpataux hat zwei Angestellte – neben Elisa Primo ist dies Selena Sargenti sowie die Lernenden Daniela Doria und Emily Caverzasio. Leandra Perone ist im Rahmen ihres Movetia-Austauschs noch bis Ende Jahr bei Florart. Auch auf spontane Einsätze von Mutter Regina Corpataux kann sie zählen. Diese wollte, als ihr 2018 das Ladenlokal gekündigt wurde, nicht noch einmal anfangen.

Nun setzt also Natalie Corpataux die Familientradition fort. Das zeigt sich unter anderem am Logo, das sie leicht nuanciert von der Mutter übernommen hat. Teambildung inklusive Lernendenbetreuung liegt auch ihr am Herzen. «Wir brauchen Nachwuchs in der Branche.» Ihre Mutter dient ihr hier als Vorbild, hatte diese doch einst ihre heutigen Angestellten ausgebildet. Natalie Corpataux geht noch einen Schritt weiter …

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